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Das perfekte Seitenverhältnis für Videos ermitteln.
Früher wurde das Seitenverhältnis durch die verfügbare Technologie bestimmt, doch jetzt entscheidest du. Finde heraus, welches Seitenverhältnis zu Inhalt und Stil deines Projekts passt.

Was ist das Seitenverhältnis eines Films, und warum ist es wichtig?
Das Seitenverhältnis beschreibt das Verhältnis von Bildbreite zu Bildhöhe. Dieses Verhältnis bestimmt, wie viel Raum das Motiv eines Bildes (oder einer Reihe von bewegten Bildern) umgibt. Wenn du versuchst, eine Unterhaltung zwischen 2 Personen aufzunehmen, kann ein quadratisches Format zwar beide Personen einfangen, vom Hintergrund wird man aber wenig sehen. Ein Hochformat könnte mehr von der Körpersprache einer Person einfangen, schneidet aber die zweite Person teilweise oder ganz ab.
Im Laufe der Filmgeschichte wurden breite Bildformate dem Hochformat meist vorgezogen. Breitbildformate können das gesamte Blickfeld der Betrachtenden einnehmen und sie in weite Landschaften, große Schlachten und aufwendige Musik-Events eintauchen lassen. „Unsere Augen befinden sich nebeneinander“, so Redakteur und Kolorist Gerry Holtz. „Der Blickwinkel von links nach rechts ist also umfangreicher als der von oben nach unten. Ein Breitbildformat fühlt sich einfach natürlicher an.“
Um die Größe einer Datei zu reduzieren, gibt es 2 Komprimierungsmethoden: verlustfrei und verlustbehaftet. Was ist der Unterschied zwischen den beiden Methoden? Bei der verlustfreien Komprimierung wird die Dateigröße ohne Qualitätsverlust reduziert, z. B. beim Zippen einer Datei. In diesem Fall werden alle Daten beibehalten. Es werden keine Informationen gelöscht. Bei der verlustbehafteten Komprimierung werden irrelevante Informationen entfernt.
Verwende die verlustfreie Komprimierung, wenn die ursprüngliche Qualität des Videos beibehalten werden soll. Wenn eine ähnliche Kopie ausreicht, kannst du die Dateigröße per verlustbehaftete Komprimierung stärker reduzieren. Der Vorteil: Kleinere Dateien lassen sich einfacher weitergeben.

Ein Blick in die Geschichte.
Für die ersten Kinofilme wurde das Seitenverhältnis 1,33:1 oder 4:3 verwendet. Das kam durch das manuelle Zusammenfügen mehrerer Einzelbilder auf 35-mm-Fotofilm zustande. Dieses Seitenverhältnis war von den Anfängen bis zum digitalen Zeitalter Standard für Fernsehproduktionen.
Im Jahr 1932 wurde in der Filmbranche ein Verhältnis von 1,37:1 entwickelt. So konnte eine Tonspur am Rand des Filmbildes hinzugefügt werden. Die Academy of Motion Picture Arts and Sciences erklärte dieses Seitenverhältnis zur Norm. Daher spricht man hier auch vom „Normalbild“ oder „Academy-Filmbild“.
Als das Fernsehen immer beliebter wurde, ging die Filmbranche zu Breitbildformaten über. Ziel war es, das Kinoerlebnis vom Fernsehen abzugrenzen. Seitenverhältnisse von 2,59:1 (Cinerama), 2,35:1 (Cinemascope), 2,20:1 (Todd-AO), 2,76:1 (MGM 65) und 2,20:1 (Super Panavision) boten extrem breite Bilder, die sich perfekt zum Erzählen epischer Geschichten wie Patton, Ben Hur und Lawrence von Arabien eigneten.
Um Breitbildformate an Fernsehgeräte anzupassen, mussten Filme mit dem „Pan-and-Scan“-Verfahren bearbeitet werden. Dabei wurden die Ränder des Films (bis zu 50 % des Filmmaterials) abgeschnitten, um den Fokus auf die zentrale Handlung zu richten. Wenn eine wichtige Handlung am Rand des Bildes stattfand, musste zu diesem Rand hinübergeschwenkt werden. Das war ein unbeliebtes Verfahren. Sydney Pollack verklagte sogar das dänische Fernsehen. Der Filmemacher argumentierte, dass die künstlerische Integrität seines Films Die drei Tage des Condor durch die Anpassung erheblich beeinträchtigt wurde. Im Heimkino waren also breitere Fernseher notwendig, um Filme im ursprünglichen Seitenverhältnis ansehen zu können.

Das Seitenverhältnis für HDTV.
Mit der Einführung von HDTV (hochauflösendes Fernsehen) in den 1990er Jahren wurde ein Mittelweg zwischen dem kastenförmigen 4:3-Format (1,33:1) und besonders breiten Kinoformaten gefunden: das hochauflösende Breitbildformat 1,78:1, eher bekannt als 16:9. Dieses Seitenverhältnis ist nach wie vor der Standard für YouTube- und Vimeo-Inhalte. (Es beträgt 1920 x 1080 Pixel bzw. 3840 x 2160 Pixel bei einer 4K-Auflösung).
Dieses gängige Seitenverhältnis ist breit genug, um Hintergrundbilder einzufangen, aber auch hoch genug, um menschliche Emotionen und Intimität zu vermitteln. Filme mit einem sehr breiten Format lassen sich auf einem Fernseher im „Letterbox“-Format (mit schwarzen Balken oben und unten) ansehen. So kann das gesamte Bild des Films dargestellt werden, ohne dass Teile davon abgeschnitten werden.

Vertikale Videos.
Im Zeitalter von Smartphones und Social Media wie Facebook und Instagram sind vertikale Seitenverhältnisse auf dem Weg zur neuen Norm. Das standardmäßige Seitenverhältnis von Instagram ist quadratisch (1:1). Dies ist zwar ideal für Gesichter oder Nahaufnahmen, eignet sich aber weniger für weitläufige Landschaften wie Alpenpanoramen oder Sonnenuntergänge am Strand.
Da Videos immer häufiger auf dem Smartphone angesehen werden, hat sich das vertikale Seitenverhältnis (9:16) etabliert. Die Tatsache, dass auf dem Smartphone immer mehr Kurzfilme im Hochformat entstehen, war Anlass genug, in Australien das Vertical Film Festival ins Leben zu rufen.
Einige Filmemacherinnen und Filmemacher kritisieren diesen Trend, vor allem, weil beim Betrachten der Filme auf Breitbildschirmen dicke schwarze Balken an den Rändern erscheinen. Andere hingegen sehen den Trend eher pragmatisch. „Ich mag die Herausforderung, die bestmögliche Story im Hochformat zu erzählen“, sagt Regisseur und Produzent Taylor Kavanaugh. „Wenn alle Menschen Filme in vertikaler Ausrichtung ansehen, warum sollte ich nicht darauf eingehen und das Beste daraus machen?“
Creative Director Toby Harriman stimmt dem zu. „Wenn die meisten deiner Inhalte auf Instagram zu sehen sind, dann solltest du über diesen Bereich nachdenken.“
Auswahl des passenden Seitenverhältnisses.
Die Wahl des richtigen Seitenverhältnisses für einen Film beeinflusst maßgeblich, wie die Geschichte erzählt wird und wie das Publikum sie wahrnimmt.
Steht in deinem Film eine Person im Mittelpunkt, oder spielt eher die Umgebung eine Hauptrolle? „Projekte, bei denen die Umgebung eine eigene große Rolle spielt, wirken in der Vertikalen nicht so stark wie in der Horizontalen“, sagt Kavanaugh. „Besser geeignet ist das vertikale Format für Filme, bei denen die Charaktere im Mittelpunkt stehen.“

So änderst du das Seitenverhältnis.
In der Nachbearbeitung kannst du eine Menge korrigieren. Wenn du in 4K oder höher aufnimmst, kannst du mit dieser hohen Auflösung beliebige Bildbereiche auch einzeln verwenden. In Premiere Pro kannst du das Seitenverhältnis von jedem Video ändern. Erstelle dazu eine neue Sequenz. Öffne die Einstellungen. Passe dann die Bildgröße an.
Passe verschiedene Formate an.
Du kannst das Format mit verschiedenen Methoden ändern. Wenn dein 16:9-Filmmaterial auf einem 4:3-Fernseher angezeigt werden soll, kannst du über und unter dem Bild schwarze Balken einfügen.
Vermeide Letterboxing mit der Pan-and-Scan-Methode. Öffne die Einstellungen in Premiere Pro, und stelle den vertikalen Rahmen deiner Sequenz so ein, dass er zum vertikalen Rahmen deines 16:9-Filmmaterials passt. Mit dieser Option werden die Ränder deines Breitbildvideos abgeschnitten. Du musst also eventuell nach links oder rechts schwenken, um sicherzustellen, dass die wichtigen Szenen im kleineren Format weiterhin zu sehen sind.
Problematisch wird es, wenn in deinem Video viel Action zu sehen ist. „In einer dynamischen Umgebung mit viel Bewegung, die sich auf horizontaler Ebene abspielt, brauchst du eine Strategie: Die Handlung muss trotz Formatänderung im Fokus bleiben“, erklärt Kavanaugh. Die Pan-and-Scan-Methode kann zeitaufwendig sein, ist aber hier der einfachste Weg.
Die Mischung macht’s.
Manche Filmemacherinnen und Filmemacher vereinen verschiedene Seitenverhältnisse in einem Projekt. Wes Anderson erzielte damit große Wirkung in Grand Budapest Hotel. Da der Film in den 1930er-Jahren spielt, verwendete er für den größten Teil des Films das Academy-Format. Für die Teile, die in den 1960er-Jahren spielen, wechselte er zum 2,35:1-Format. Für die Handlung der 1980er-Jahre setzte er wiederum auf das 1,85:1-Format.
Wenn Filmprofis wie Anderson dich inspirieren, versuche auch für deine Arbeit verschiedene Seitenverhältnisse einzusetzen. Beim Import von Material behält Premiere Pro nach Möglichkeit das Bildformat, das Pixel-Seitenverhältnis und die Bildrahmengröße bei, um Fehlschnitte und Verzerrungen zu vermeiden. Erstelle verschiedene Sequenzen, und passe die Seitenverhältnisse manuell an. So vermeidest du das versehentliche Schneiden von Filmmaterial.
So drehst du einen Spielfilm mit dem iPhone.
Nützliche Tipps findest du im Artikel zu Tangerine und anderen Filmen, die mit dem iPhone erstellt wurden.
Von Spielfilmen bis zu Demo-Clips: Mache dir vor den Dreharbeiten klar, in welchem Format dein Film angesehen wird. Wenn du weißt, dass dein Film hauptsächlich auf dem Smartphone betrachtet wird, kannst du dir Arbeit beim Schneiden sparen: Berücksichtige bereits bei der Planung der Shotlist das quadratische oder vertikale Seitenverhältnis. Soll er in verschiedenen Formaten gut aussehen, musst du manche Szenen eventuell 2 x drehen – in unterschiedlichen Kameraeinstellungen.
Bei kreativen Entscheidungen musst du wie immer vorausdenken und dir schwierige Fragen stellen: Welches Seitenverhältnis eignet sich am besten für deinen Film und das Publikum? Welches Seitenverhältnis unterstützt am besten deine Geschichte? Sind sie miteinander vereinbar?