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Fotografie.
Unwirklich und surreal: Wie erstelle ich eine Fotomontage?
Lerne die Geschichte der Fotomontage kennen – vom Surrealismus zu Beginn des 20. Jahrhunderts bis zum modernen digitalen Foto-Compositing –, und erhalte Tipps zum Einstieg in diese Kunstform.
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Was ist eine Fotomontage?
Bei Fotomontagen handelt es sich um verschiedene Arten der Bildbearbeitung, bei denen Fotos zerschnitten und zu einem neuen Bild kombiniert werden. Beispielsweise können gedruckte Bilder zerschnitten und zu neuen Bildern zusammengesetzt werden – so haben Redaktions-Teams in früheren Zeiten, als es noch keine digitalen Design-Programme gab, ihre Zeitschriften gestaltet. Heute ist es dank digitaler Designtools wie Adobe Photoshop so leicht wie noch wie, mit vorhandenen Fotos fantasievolle Szenen zum Leben zu erwecken, ohne mit Papier und Klebstoff hantieren zu müssen. Werden Fotomontagen digital erstellt, spricht man auch von Compositing.
Fotocollagen lassen traumähnliche Szenen lebendig werden.
Kunstfotograf und Künstler Edwin Antonio beschreibt die Fotomontage als „eine Vision, einen Traum einer Künstlerin oder eines Künstlers, dessen Umsetzung mehrere Bilder erfordert“. Dem stimmt Grafik-Designerin und Collagistin Lana Jokhadze zu. „Mit Fotomontagen kannst du aus allem, was dir durch den Kopf geht, Kunstwerke erstellen“, sagt sie. „Ich habe mir immer vorgestellt, auf einem anderen Planeten zu sitzen und die Sonne und die Erde nebeneinander zu sehen. Mit einer digitalen Fotocollage kann ich so eine Vision auf den Bildschirm übertragen.“
Seit wann gibt es Fotomontagen?
Collagen rufen vielleicht Assoziationen mit Jugendlichen in Filmen und Serien der 1990er Jahre hervor, die ihren Spind mit ausgeschnitten Fotoschnipseln ihrer Idole tapezierten. Aber die Wurzeln dieser Mixed-Media-Kunst liegen weiter in der Vergangenheit: bei subversiven deutschen Künstlerinnen und Künstlern des Surrealismus in den Anfängen des 20. Jahrhunderts, etwa zur Zeit des Ersten Weltkriegs.
Es begann mit dem Kombinationsdruck.
Mitte des 19. Jahrhunderts bereitete der Kombinationsdruck, eine frühe Form der Fotomanipulation, den Weg für die Fotomontage vor. Beim Kombinationsdruck wurde ein Bild aus mehreren Negativen entwickelt. Dieser Prozess war nötig, weil es schwierig zu erreichen war, verschiedene Helligkeitsstufen gleichzeitig gut zu belichten. Bald schon machten sich Fotografinnen und Fotografen diese Methode zunutze, um einfallsreichere Bilder als je zuvor zu erstellen. Der Kunstfotograf Oscar Rejlander gehörte zu den Ersten, die mit dem Kombinationsdruck experimentierten. 1857 schuf er die erste bekannte Fotomontage, The Two Ways of Life.
Bild von Oscar Gustav Rejlander
Moderne Collagen folgen den Spuren des Dadaismus.
Deutsche Künstlerinnen und Künstler wie Hannah Höch, John Heartfield, Raoul Hausmann und Kurt Schwitters nutzten ab etwa 1916 die Fotomontage als Möglichkeit, ihre antifaschistischen Überzeugungen in Bildern auszudrücken. Auch Vertretende des russischen Konstruktivismus wie Alexander Rodtschenko und Gustavs Klucis integrierten Typografie und Grafik-Design in ihre Collagen. Um dieselbe Zeit herum wurden Man Ray und Salvador Dalí mit dem Kubismus und dem Surrealismus in Verbindung gebracht. Sie erstellten traumähnliche Fotomontagen, die mit Perspektiven und der menschlichen Gestalt spielten. In den 1970er und 1980er Jahren war die Fotomontage ein beliebtes Medium der Pop-Art-Szene. Sie wurde von britischen Concept Artists wie John Stezaker und David Hockney aufgegriffen, die mit Mustern, Wiederholung und der Wiederverwendung von Werbebildern experimentierten. Sieh dir die Werke dieser Künstler an, um dich inspirieren zu lassen.
Mit Adobe Photoshop eine digitale Collagen erstellen.
„Traue dich auch als Einsteigerin oder Einsteiger, in Photoshop herumzuspielen“, sagt Edwin. „Probiere jedes einzelne Werkzeug aus, damit du weißt, was es bewirkt. Habe einfach Spaß dabei.“ In Photoshop kannst du mit dem Auswahl-Werkzeug, dem Zeichenstift-Werkzeug und Ebenen mehrere Fotos zu beeindruckenden Kunstwerken kombinieren.
Per Auswahl und mit Ebenenmasken Objekte ausschneiden.
Mit den Auswahl-Werkzeugen und Ebenenmasken kannst du Personen oder Objekte aus Bildern ausschneiden. Nachdem du eine automatische Auswahl vorgenommen hast, musst du sie evtl. manuell verfeinern, bevor du eine Ebenenmaske anwendest. „Speichere deine Arbeit nach jeder größeren Änderung, und kombiniere keine Ebenen“, sagt Edwin. Später benötigst du in deiner Arbeitsdatei möglicherweise jede einzelne Ebene. Lana schließt sich diesem Rat an. „Lösche nie eine Arbeitsdatei“, sagt sie. „Niemals!“
„Du solltest deine Arbeit auch doppelt prüfen“, ergänzt Edwin. „Stelle sicher, dass alle Ebenen aktiviert und sichtbar sind, wenn du deine Datei exportierst.“ Ein Verständnis der Grundlagen von Ebenen hilft ebenfalls.
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Mit dem Zeichenstift-Werkzeug manuell nachzeichnen.
Mit dem Zeichenstift-Werkzeug kannst du präzise Pfade auswählen und bearbeiten, um die Konturen der Bildelemente festzulegen, die du auswählen und ausschneiden möchtest. Leichter ist dieser Vorgang, wenn du einen Eingabestift verwendest und Photoshop auf dem iPad nutzt. „Mein Lieblingswerkzeug ist ein Stift, den ich anfangs richtig blöd fand“, erzählt Lana. „Die Bedienung gelingt vielleicht nicht auf Anhieb, er wird dir aber gute Dienste erweisen.“
Bei Adobe Stock weitere Bilder suchen.
Angenommen, du möchtest ein Foto des Eiffelturms in eine Collage integrieren, warst aber noch nie in Paris. „Oft hat man die perfekten Bilder gar nicht vorliegen“, sagt Edwin. „In solchen Fällen ist Adobe Stock eine große Hilfe. Man findet dort so viele geeignete Bilder.“ Du kannst direkt in Photoshop bei Adobe Stock nach hochwertigen Fotos und Grafiken suchen.
Tipps zum Erstellen von ansprechenden Fotomontagen.
Bei den ersten Schritten der Fotomontage ist es am wichtigsten, diese Kunstform und all ihre Möglichkeiten kennenzulernen. „Einsteigende müssen vor allem ihre Fähigkeiten in den unterschiedlichen Stilen testen“, sagt Lana. Hier findest du noch weitere hilfreiche Tipps.
Das Ergebnis sollte so realistisch wie möglich sein.
Die Verwendung hochwertiger Fotos bewirkt einen enormen Unterschied. Edwin empfiehlt, Bilder mit einer Auflösung von 300 DPI zu verwenden, wenn du sie bekommst. Wenn möglich, solltest du außerdem die Fotos als RAW-Dateien importieren, damit du deine Fotos verbessern oder bearbeiten kannst, bevor du mit der Collage beginnst.
Erzeuge den Eindruck einer gleichmäßigen Beleuchtung.
Passe die Belichtung an oder verwende die Beleuchtungseffekte, um die Lichtquellen der einzelnen Bilder der Collage aneinander anzugleichen. Die Bearbeitung des Weißabgleichs in jedem Foto trägt auch dazu bei, dass die Farben und die Farbtemperatur einheitlich sind, was die Collage realistischer aussehen lässt.
Riskiere auch mal was – aber mit Plan.
Bei Fotomontagen gibt es wirklich nichts, was du nicht abbilden kannst. Halte dich also nicht zurück. „Sei kreativ, sei abenteuerlustig, wenn du deine eigene Welt schaffen willst“, sagt Edwin. „Aber erstelle vorher einen Plan für das, was du gestalten willst. So wirst du nicht so leicht abgelenkt und kannst dich auf dein Ziel konzentrieren.“
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Erste Schritte mit der Fotomontage.
Mit diesen ersten Schritten kannst du noch heute damit anfangen, ein surrealistisches Meisterwerk zu schaffen.
Suche Werke anderer Künstlerinnen und Künstler, die dich beeindrucken.
„Bevor ich selbst loslegte, schaute ich mir die Collagen verschiedener Künstler an, die ich mag“, berichtet Lana. Plattformen wie Instagram und Behance machen es dir sehr leicht, die Werke anderer Fotomontage-Künstlerinnen und -Künstler zu betrachten und deine Kreativität anzuregen.
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Plane deine Vision.
„Als Erstes überlege ich mir immer, wie diese neue Welt aussehen würde, wenn ich persönlich dort wäre, wenn die Welt echt wäre“, sagt Edwin. „Ich habe an einer Serie von digitalen Collagen gearbeitet, die ich ‚Wonderland‘ nannte. Als Vorbereitung habe ich den Film Alice im Wunderland mindestens fünf Mal geschaut. Ich wollte sichergehen, dass ich auch wirklich alles richtig umsetze, bis hin zur Beleuchtung.“
Beginne mit einer Schritt-für-Schritt-Anleitung.
Nachfolgend sind Tutorials aufgeführt, mit denen du deine Fotomontage-Fähigkeiten aufbauen kannst:
- Erstelle mit diesem Tutorial deine erste digitale Fotokomposition.
- In dieser Anleitung lernst du, mit komplexen Auswahlvorgängen eine stimmungsvolle digitale Collage zu erstellen.
- Erfahre, wie du den Hintergrund eines Fotos in 60 Sekunden änderst.
- Möglichkeiten zum Entfernen und Hinzufügen von Objekten lernst du in dieser Schritt-für-Schritt-Anleitung kennen.
Mit schier unbegrenzten Möglichkeiten und einer spannenden Geschichte ist die Kunst der Fotomontage ideal, um Kompetenzen im Bereich digitales Design aufzubauen. Erstelle für den Einstieg eine einfache Collage, oder entwickle mit einer komplexen Komposition in Photoshop neue Skills.