Focus Stacking erklärt: Tipps für Einsteiger und Profis.
Der Begriff Focus Stacking bedeutet übersetzt so viel wie „Fokus-Ebenen stapeln”. Es handelt sich dabei weniger um ein künstlerisches Mittel als um eine Technik, mit deren Hilfe deine Bilder die perfekte Schärfentiefe erreichen können.
In diesem Artikel erfährst du alles über die Grundlagen dieser beliebten Methode und Fotograf Nick Page gibt einige Tipps dazu, wie du mithilfe von Focus Stacking Landschaft und Natur gestochen scharf abbilden kannst.
Was ist Focus Stacking?
Focus Stacking ist eine Technik in der Fotografie, mit der du sowohl dem Vordergrund als auch dem Hintergrund deiner Fotos Schärfe verleihen kannst. Vor allem bei Nahaufnahmen passiert es häufig, dass nur ein kleiner Bereich des Bildes scharf dargestellt wird. Das Objekt im Fokus wird hervorgehoben, doch der Hintergrund verschwimmt. In diesen Fällen spricht man von einer geringen Schärfentiefe.
Die Schärfentiefe kannst du zwar auch mit der Blende deiner Kamera beeinflussen, doch ab einer gewissen Blendenzahl nimmt die allgemeine Schärfe des Bildes ab. Das hängt sowohl mit der Lichtbrechung an der Blende als auch mit dem erhöhten Risiko von Verwacklungen durch längere Verschlusszeiten zusammen.
Beim Focus Stacking wird dieses Problem gelöst, indem gleich mehrere Bilder vom Motiv aufgenommen werden. Dabei fokussiert sich jede dieser Aufnahmen auf einen anderen Teil des Motivs. So entsteht eine Bildserie, in der jedes Bild eine andere Schärfeebene hat. Setzt du diese anschließend mit Photoshop zu einem Gesamtbild zusammen, entsteht ein Foto, auf dem jeder Bereich scharf ist.
Wofür braucht man Focus Stacking?
Unser Auge kann sowohl Dinge in der Ferne als auch direkt vor unserer Nase gestochen scharf sehen. Bei einer Kamera ist das jedoch anders: Wer schon einmal eine Nahaufnahme von einem Insekt oder einer Blume gemacht hat, weiß wie schwierig es ist, alle Bildbereiche detailgenau abzubilden.
Focus Stacking ist sowohl bei Hobby-Fotografen als auch bei Profis eine beliebte Methode, um durchgehend scharfe Bilder zu machen – egal, wie nahe oder weit ein Motiv von der Kamera entfernt ist.
Für welche Arten der Fotografie eignet sich Focus Stacking?
Focus Stacking kann kreativ und vielseitig verwendet werden. So wird es unter anderem sehr häufig in der Makrofotografie oder bei Landschaftsaufnahmen genutzt, um besondere Effekte in Bildern zu kreieren. Für andere Fotografien ist es allerdings weniger gut geeignet.
Landschaftsfotografie.
Der Profi-Fotograf Nick Page nutzt Focus Stacking in seinen Landschaftsfotografien, um sowohl den Vorder- als auch den Hintergrund scharf abzubilden.
Sein Tipp: Am besten immer mehr Aufnahmen als nötig machen; vor allem bei den ersten Versuchen.
Zusätzlich zu Fokusreihen nimmt Nick häufig Belichtungsreihen – d. h. Versionen mit verschiedenen Belichtungen von jeder Aufnahme – für jede Brennebene auf, um einen höheren dynamischen Bereich zu erhalten. Das macht er auf eine besondere Art: Zunächst nimmt er sämtliche Brennebenen bei einer Belichtung (z. B. 1 Stopp überbelichtet) vom Vorder- bis zum Hintergrund auf. Anschließend ändert er die Belichtung (unterbelichtet) bei derselben Hintergrundaufnahme und macht Fotos mit derselben Brennebene vom Hinter- zum Vordergrund.
Somit passen die Hintergrundpaare der über- und unterbelichteten Aufnahmen perfekt zusammen.
Nick empfiehlt außerdem, Ausschau nach Situationen zu halten, die Focus Stacking schwierig oder unmöglich machen. Dann lohnt es sich, die kompositorische Arbeit frühzeitig zu erledigen.
„Wenn man im Freien fotografiert, kann man so viele Probleme im Voraus abwenden“
- Fotograf Nick Page
Vermieden werden sollten Szenen, in denen sich die Elemente im Vordergrund bewegen – z. B. Gräser, die sich im Wind biegen. Diese werden bei dem Übereinanderlegen der Fotos aufgrund der Bewegung unscharf.
Focus Stacking auf dem Smartphone.
Wenn du für dein Smartphone ein Makroobjektiv hast, kannst du damit schnell die Focus Stacking-Methode für Produktfotografie anwenden. Nick Ulivieri empfiehlt, vorher das Gerät auf ein Stativ zu montieren. So hat er mit seinem iPhone professionelle Produktfotos des Ziffernblatts einer Uhr erstellt. „Tippe auf verschiedene Bereiche deines Displays, um verschiedene Fokuspunkte festzulegen. Die Aufnahmen lassen sich dann in Photoshop in nur 1 Minute zusammensetzen“, so Ulivieri.
Mit dieser Technik lassen sich Fotoserien in sehr scharfe Bilder verwandeln, die die Qualitätsanforderungen für eine kommerzielle Website erfüllen. „Ich habe mich lange dagegen gewehrt, aber dann bemerkt, dass immer mehr Kollegen Focus Stacking bei der Nachbearbeitung erfolgreich einsetzten“, sagt Clemetson. Durch Focus Stacking bekommt dein Bild einen zusätzlichen Schliff und eine surreale Schönheit, die es außergewöhnlich macht.
Makrofotografie.
Mit der Makrofotografie tauchst du in eine vollkommen neue Welt ein. Lebewesen und Gegenstände, die wir im Alltag nicht weiter beachten, werden auf einmal zu faszinierenden Motiven. Bei starker Vergrößerung und durch Focus Stacking entdeckst du neue Strukturen, Details und Unvollkommenheiten, die mit dem bloßen Auge kaum wahrzunehmen sind.
Die große Herausforderung bei der Makrofotografie ist das Arbeiten mit sehr schmalen Fokusebenen. Denn je kürzer die Distanz, desto geringer ist auch die Schärfentiefe. Ein Abblenden, also bei der Nutzung einer kleineren Blendenöffnung, hilft bei diesen kleinen Dimensionen nur bedingt.
Wenn du Focus Stacking einsetzt, solltest du darauf achten, dass die Schärfeebene entweder auf einem relativ großen Bereich des Hauptmotivs liegt oder aber, dass sie den entscheidenden Bereich des Motivs betont – wie z.B. den Kopf eines Insekts.
Porträtfotografie.
Focus Stacking ist für Porträtaufnahmen von Menschen und Tieren weniger geeignet. Das liegt vor allem daran, dass Menschen und Tiere sich bewegen. Die Aufnahme von identischen Fotos mit unterschiedlichen Schärfenebenen wird dadurch erschwert.
Für ein hochwertiges Porträt mit Focus Stacking müssten die Modelle stillhalten. Dabei wollen viele Porträtfotografen in der Regel genau das Gegenteil erreichen: Sie wollen etwa die Augen einer Person im Fokus haben, der Rest jedoch soll leicht verwischt und natürlich wirken.
Top Tipp: Wenn du Gesichter fotografierst, solltest du unbedingt auf die Brennweite deiner Kamera achten. Dabei handelt es sich um die Entfernung zwischen der Aufnahmeebene (Bildsensor) und der Objektivebene. So wäre ein Fischaugen-Objektiv (Brennweiten zwischen 7 und 16 mm) bei Porträts weniger gut geeignet als ein Standard-Objektiv mit Festbrennweiten von 50 mm, 85 mm und 100 mm.
Focus Stacking in der Kamera
Focus Stacking, oder genauer gesagt, Focus Bracketing, kann bereits in der Kamera stattfinden. Focus Bracketing ist die Vorstufe des Focus Stackings, bei der die Fotos mit den verschiedenen Schärfentiefen aufgenommen werden. Vor allem bei deinen ersten Versuchen ist es eine gute Idee, an Stillleben zu üben. Diese bieten dir beste Lernmöglichkeiten.
Kamerainternes Focus Bracketing.
Für das Focus Bracketing mit deiner Kamera ist ein Objektiv mit AF-Motor eine Voraussetzung. Mit ihm kannst du den Fokus automatisch schrittweise verlagern und die Kamera löst sich selbständig aus. Die Kameras können dabei viele Bilder pro Sekunde schießen.
Manuelles Bracketing.
Fokussiere dafür jeden Bereich des Motivs nacheinander, bis du das komplette Objekt abgedeckt hast. Bei sehr kleinen Motiven ist aber das Drehen am Fokusring kaum nützlich. Hier kann dir ein Makroschlitten dabei helfen, den Motivabstand zur Kamera in winzigen Schritten zu verlagern.
Für das beste Ergebnis sollten sich die Schärfeebenen überlappen und das Licht dabei unverändert bleiben. Die Kamera kann dann entweder selbst die Fotos für den Stacking-Prozess aussuchen oder du kannst sie selbst auswählen. Zudem vereinfacht ein Bildbearbeitungsprogramm das Stacking.
Wenn du die Bilder manuell aufnimmst, kann es beim Focus Stacking der einzelnen Fotos zu sogenannten „Halos” kommen. Das sind helle, unscharfe Schleier oder Ränder, die meist an den Übergängen verschiedener Schärfeebenen zu sehen sind. Keine Bewegung und eine gleichbleibende Belichtung während der Aufnahme können das Problem verhindern.
Focus Stacking mit Photoshop
Für das Zusammenfügen deiner Fotoserie kannst du Photoshop oder Lightroom verwenden. Mithilfe der automatischen Überblendung der unterschiedlichen Ebenen setzt du mit den Programmen aus Einzelaufnahmen ein gestochen scharfes Foto zusammen.
Folgen diesen Schritten, um mit Focus Stacking in Lightroom Classic ein hochwertiges Bild ohne sichtbare Übergänge zu erzeugen:
Plane die Zusammensetzung im Voraus. „Ich weiß, dass ich alles später bei der Nachbearbeitung zusammensetzen werde. Deshalb plane ich meine Shootings entsprechend“, sagt Clemetson. Fotografiere eine Reihe von Bildern aus demselben Blickwinkel. Ändere den Fokus manuell bei jedem Bild.
Wähle deine Fotos in Lightroom Classic aus. Lade die Fotos, die zusammengefügt werden sollen, in Lightroom Classic. Wähle in der Raster- oder in der Filmstreifen-Ansicht im Modul „Bibliothek“ die zu überlagernden Fotos aus. (Diese müssen sich im selben Ordner oder in derselben Kollektion befinden.)
Wähle „Foto > Bearbeiten in > In Photoshop als Ebenen öffnen“. Die überlagerten Fotos erhalten eine Folgenummer links oben. Auf der obersten Ebene ist das Foto mit der Nummer 1.
Wähle Ebenen im Bedienfeld „Ebenen“ aus. Wähle „Bearbeiten > Ebenen automatisch ausrichten“. Achte im Dialogfeld „Ebenen automatisch ausrichten“ darauf, dass „Auto“ ausgewählt ist, bevor du auf „OK“ klickst.
Wähle die Ebenen der Gruppe aus. Wähle „Bearbeiten > Ebenen automatisch überblenden“. Wähle im Dialog die Option „Bilder stapeln“. Klicke auf „OK“. Jetzt liegt dein Bild mit Focus Stacking als Ebenenmaske vor.
Focus Stacking: Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wie funktioniert Focus Stacking?
Beim Focus Stacking werden mehrere Bilder vom selben Motiv mit unterschiedlichem Fokus aufgenommen. Einige Kameras können das automatisch innerhalb weniger Sekunden, während man mit anderen den Fokus manuell variieren muss. Anschließend werden die dadurch entstandenen Bilderreihen entweder in der Kamera selbst oder in einem Bildbearbeitungsprogramm zu einem scharfen Gesamtbild zusammengefügt.
Welche Kamera kann Focus Stacking?
Es gibt einige Kameras, z.B. von Olympus, Fujifilm und Panasonic, die eine interne Focus-Stacking-Funktion haben. Die Stacking-Funktion kann aber mithilfe von Firmware-Updates auch für andere Kameras nachgeliefert werden, sodass es sich lohnt, deine Kamera auf dem aktuellen Stand zu halten.
Was ist Focus Bracketing?
Focus Bracketing beschreibt den Prozess, bei dem mehrere Fotos eines Motivs in verschiedenen Schärfeebenen aufgenommen werden. Es handelt sich dabei also um die Vorstufe zum Focus Stacking. Beim Bracketing kann der Fokus schrittweise verlagert werden. Das ist auch im manuellen Fokusbetrieb möglich. Beim Stacking werden diese Bilderserien dann zu einem scharfen Gesamtbild vereint. Viele Menschen nutzen den Ausdruck Focus Stacking aber für den gesamten Bracketing- und Stacking-Prozess.
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