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Morphing: Was ist das und wie funktioniert der Effekt?
In Kinofilmen wie Terminator 2 – Tag der Abrechnung Ende der 1990er-Jahre revolutionierte Morphing-Technologie unsere Vorstellung davon, was mit Special Effects möglich ist. Was genau versteht man aber unter „Morphing“, und wie erzeugt man diesen Effekt? Hier erfährst du mehr.
Was ist Morphing?
Der Begriff „Morphing“ bezeichnet die nahtlose Transformation einer Gestalt in eine andere. Es gibt verschiedene Ansätze, die aber alle demselben Grundprinzip folgen.
Morphing wurde erstmals in den späten 1980er- und frühen 1990er-Jahren in Hollywood-Produktionen genutzt – leistungsfähige Computer und innovative Software wie Gryphon Software Morph und Image Master machten es möglich.
Morphing wird beispielsweise eingesetzt, um ein Gesicht altern zu lassen oder einen Menschen in ein Tier oder in ein außerirdisches Wesen zu verwandeln. Diese Technik hat eine ganze Reihe legendärer Momente der Populärkultur hervorgebracht, z. B. die Transformationen des Flüssigmetall-Terminators „T-1000“ in Terminator 2 – Tag der Abrechnung (1991).
Mit fortschreitender Weiterentwicklung der Technologie ist Morphing einfacher und zugänglicher geworden. Mit entsprechender Kreativ-Software lassen sich heute Morphing-Effekte am eigenen Computer zu Hause erzeugen.
Morphing vs. Tweening.
Die Begriffe Morphing und Tweening werden oft austauschbar verwendet, beschreiben aber unterschiedliche Prozesse. Während es beim Tweening mehr um Animation und das Hinzufügen von Bewegung geht, ist Morphing eine Technik der Filmindustrie zur Erstellung von Special Effects.
Morphing-Arten.
Morphing wird für Special Effects in Filmen, aber auch in anderen Bereichen eingesetzt, z. B. bei der Animation oder 3D-Modellierung. Dabei unterscheidet man verschiedene Ansätze.
Morphing mit maximaler Geschwindigkeit.
Diese Art von Morphing sieht man oft in Kinofilmen. Objekte werden gemorpht, während sie in Bewegung sind – z. B. das Raumschiff in Der Flug des Navigators. Bei der Verformung sich bewegender Objekte fallen kleinere Inkonsistenzen aufgrund der Geschwindigkeit, in der sich die Objekte bewegen, weniger auf.
Direktes Morphing.
Morphing kann auch für einfachere Animationen verwendet werden, z. B., um eine handgezeichnete Form in eine andere Form umzuwandeln. In Adobe Animate kannst du mithilfe der Funktion für Form-Tweens ein Quadrat in einen animierten Kreis verformen.
3D-Morphing.
Eine weitere Variante ist das 3D-Morphing. Diese Morphing-Art kommt bei der 3D-Modellierung zum Einsatz (und weniger bei der Filmproduktion). Sie wird für Verformungen zwischen verschiedenen Bewegungen verwendet. Jede Bewegung oder Pose wird durch ein Morph-Ziel definiert. Mit dieser Technik lassen sich Objekte ohne Knochenstruktur animieren.
Geschichte.
- 1986: Der Flug des Navigators nutzte frühe digitale Morphing-Techniken, um ein klobiges Raumschiff beim Beschleunigen aerodynamischer zu machen. Verantwortlich dafür war ein Team von Omnibus Computer Animation, dem auch Bob Hoffman und Bill Creber angehörten.
- 1988: Das Fantasy-Epos Willow setzte neue Maßstäbe in Sachen VFX. Der Film enthält eine Morphing-Sequenz, in der sich eine Ziege auf die Hinterbeine stellt und sich dann nacheinander in einen Emu, einen Pfau, eine Schildkröte sowie einen Tiger und zuletzt in die Zauberin Fin Raziel verwandelt.
- 1991: In der Blockbuster-Fortsetzung Terminator 2 – Tag der Abrechnung sorgten Morphing-Effekte für ikonische Filmszenen, in denen sich der feindliche T-1000 in Menschen, Gegenstände oder sogar den Fußboden verwandelt.
- 1992: Gryphon Software veröffentlicht das Programm MORPH. Damit können Hobby-Videografen coole Special Effects auf ihrem Apple Macintosh-Computer zu Hause erstellen. Die New York Times, die Washington Post und die Zeitschrift PC World berichten über die Morphing-Technologie, die nun erstmals auch für die breite Masse zugänglich ist.
Technik.
Beim Morphing geht ein Bild in ein anderes über. Der komplexe Prozess beruht auf präzisen Messungen und Pixel-Werten und umfasst folgende Kernschritte:
Ausgangs- und Zielbild auswählen.
Jeder Morphing-Effekt hat ein Ausgangs- und ein Zielbild. Das Zielbild ist das neue Element (z. B. ein Tier oder flüssiges Metall), in das dein Originalobjekt – im Fall von Terminator 2 das Gesicht von Robert Patrick – umgeformt werden soll.
Merkmale definieren.
Die Form des Originalobjekts, z. B. der Kopf eines Schauspielers, muss exakt vermessen und abgebildet werden. Anschließend werden auf Basis dieser Werte für das Morphing-Ziel entsprechende Modelle erstellt oder Aufnahmen gesucht.
Punkte zuordnen.
Mithilfe von Spezial-Software werden relevante Punkte im Original- und im Zielobjekt ermittelt. So lassen sich wichtige Bereiche aufeinander abstimmen, z. B. die Augen. Anschließend werden Pixel des Originalobjekts durch Einfügen von Zwischenbildern zu Pixel des neuen Objekts umgeformt.
Beispiele.
Der Flug des Navigators.
Terminator 2 – Tag der Abrechnung.
Morphing in Adobe After Effects.
1. Die Ebenen aufteilen.
Zunächst brauchst du einen Clip, der sowohl das Originalobjekt (z. B. ein Smartphone) als auch das Zielobjekt (z. B. ein Kissen) enthält. Teile diesen Clip auf 2 Ebenen auf – 1 Ebene pro Objekt. Dupliziere die Ebene dafür einfach.
2. Die Clips trimmen.
Jetzt hast du 2 Clips – 1 Clip pro Objekt. Trimme beide Clips bis zu genau dem Moment, in dem die Verformung erfolgen soll. Eventuell musst du ein paar Anpassungen an den Clips vornehmen, um einen nahtlosen Übergang zwischen den beiden Ebenen sicherzustellen.
3. Die Objekte maskieren.
Als Nächstes bereitest du die Transformation vor. Zeichne dazu mit dem Zeichenstift-Werkzeug eine Maske um das Smartphone. Falls Bewegung gezeigt wird, musst du sie ebenfalls animieren. Benenne die Maske um (z. B. in „Smartphone – Maske“). Wiederhole diesen Vorgang für das Kissen. Aktiviere Keyframes für den Maskenpfad.
4. Den Morphing-Effekt hinzufügen.
Kehre zurück zum Start des Übergangs. Kopiere die Maske für das Kissen, und füge sie auf der Smartphone-Ebene ein. Für die Ebene sollten nun zwei Masken angezeigt werden. Ändere den Modus der Kissen-Maske in „Ohne“. Kopiere anschließend die Maske für das Smartphone, und füge sie auf der Kissen-Ebene ein.
5. Ausgangs- und Zielmasken festlegen.
Ändere die Form des Smartphones mit dem Effekt „Umformen“ aus dem Bedienfeld „Effekte und Vorgaben“ in die Form des Kissens um. Lege die Smartphone-Maske als Ausgangsmaske und die Kissen-Maske als Zielmaske fest.
6. Die Objekte verformen.
Forme nun den Inhalt der Smartphone-Maske mithilfe von Korrespondenzpunkten in die Form des Kissens um. Die Korrespondenzpunkte legen fest, welcher Teil des ersten Objekts in welchen Teil des zweiten Objekts umgeformt wird. Je mehr Korrespondenzpunkte du in After Effects hinzufügst, desto genauer ist die Zuordnung.
7. Das Ausgangsobjekt ausblenden.
Du hast nun einen Übergang, mit dem das Smartphone in die Form des Kissens verformt wird. Mit den Tools von After Effects kannst du das Smartphone ausblenden, sodass es beim Füllen der Kissenform nach und nach verschwindet. Wiederhole die Schritte 5 bis 7 für das Kissen.
8. Dein Video abspielen.
Beobachte, wie sich das Smartphone in das Kissen verwandelt. Passe die Deckkraft an. Experimentiere mit dem Effekt „Verflüssigen“, um den Übergang zwischen den beiden Objekten weicher zu gestalten.