Animiere die Realität mit der Rotoskopie.

Erfahre, wie du eine moderne Version dieser traditionellen Technik nutzt, um deine eigenen animierten Filme zu erstellen.

Was ist Rotoscoping?

Rotoscoping ist eine Technik zur Erstellung animierter Sequenzen, bei der Objekte in einer Live-Action-Aufnahme Bild für Bild nachgezeichnet werden. Diese Methode ist zeitintensiv, ermöglicht aber die Erstellung von verblüffend realen Figuren, die sich wie Personen im echten Leben bewegen.

 

Mit der Rotoscoping-Technik wurde auch das Lichtschwert erschaffen. Um diesen Visual Effect in den ersten Star Wars-Filmen zu erzeugen, zeichneten die Animationsexperten auf jedes Einzelbild die Farbe und den Schein des Lichtschwerts über einen Stab, den die Schauspieler in der Hand hielten.

Skizze eines Mannes, der die jahrhundertalte Technik Rotoskopie anwendet

Patent: Max Fleischer; Künstler unbekannt

Von der Realität zur Animation.

Das Rotoskopieverfahren wurde 1915 vom Trickfilmexperten Max Fleischer patentiert. Für diese Technik projizierte Fleischer einen Live-Action-Clip eines Clowns (sein Bruder Dave in einem Kostüm) auf eine Glasscheibe. Er zeichnete die Figur dann Bild für Bild auf Papier nach, um eine realistische Animation zu erstellen. Auf diese Weise produzierte Fleischer die Kurzfilmserie Out of the Inkwell und machte damit die Figur Koko der Clown berühmt, die von seinem Bruder verkörpert wurde. Im späteren Verlauf seiner Karriere erschuf Fleischer weitere klassische Zeichentrickfiguren wie Popeye und Betty Boop. Auch hier setzte er Rotoscoping ein, um die Tanzbewegungen der Figuren wie die Bewegungen echter Tänzer aussehen zu lassen. Mit derselben Technik erzielte er zudem verblüffend reale Animationen in der ersten Zeichentrickserie von Superman.

 

Nachdem Fleischers Patent abgelaufen war, übernahm Walt Disney seine Rotoscoping-Technik. Nach dem Dreh verschiedener Szenen mit echten Schauspielern wurden ihre Bewegungen per Rotoscoping erfasst. Das Ergebnis diente als Referenzmaterial für zahlreiche Filme wie Schneewittchen und die sieben Zwerge.

Rotoskopiefilm einer Person, die ein Rad schlägt

Rotoscoping als digitale Technik.

1997 entwickelte der Programmierer und Art Director Bob Sabiston die Rotoshop-Software für Computer-Animation, um Kurzfilme für einen MTV-Wettbewerb zu erstellen. Er produzierte mehrere Kurzfilme, bevor er mit Richard Linklater an den Filmen Waking Life und Der dunkle Schirm arbeitete, bei denen zur Animation jeweils die Rotoscoping-Technik eingesetzt wurde. Die von Sabiston entwickelte Methode des interpolierten Rotoskopierens spart Animationsexperten durch den Einsatz von Vektor-Keyframes wertvolle Zeit. Diese von der Software generierten Zwischen-Frames lassen die Bilder im festgelegten Bereich ineinander übergehen.

 

Inzwischen wird Rotoscoping für viele verschiedene Zwecke eingesetzt, ob für die Umwandlung von Video-Footage in eine vollständig animierte Version oder den Einsatz von Masken in Videos, mit denen die Schauspieler in Fantasiefiguren oder jüngere Versionen ihrer selbst transformiert werden. Es ist sogar möglich, einen Fisch durch die Luft schwimmen zu lassen

In Adobe Animate rotoskopieren.

Die Rotoscoping-Werkzeuge in Animate bieten dir alles, was du für deine Animation brauchst. Bevor du loslegst, betrachte das gesamte Video-Footage bis zum Ende und überlege dir, wie du es animieren möchtest. Wie andere Formen der Einzelbildanimation ist das Rotoskopieren ein zeitintensiver Prozess, der viel Geduld erfordert – selbst, wenn das Footage nur wenige Sekunden lang ist. „Für einen 5-Sekunden-Clip kann man schon einmal fünf bis zehn Stunden brauchen“, erklärt Animationsexperte Mikey Glovart. „Umso mehr freut man sich, wenn man es geschafft.“ Wenn du deine erste Figur mit eigenen Händen zum Leben erweckt hast – und sei es nur für wenige Sekunden –, willst du schon bald dein nächstes Animationsprojekt starten.

 

Erste Schritte.

Erstelle ein neues Dokument, und lege die Framerate fest. HD-Video wird normalerweise mit 24 oder 30 Frames pro Sekunde (fps) abgespielt. Für eine möglichst flüssige Animation verwendest du am besten dieselbe Framerate wie die des Referenzvideos. Stelle zudem sicher, dass das neue Dokument dasselbe Seitenverhältnis hat wie das Referenzvideo. So kannst du die beiden leichter aneinander ausrichten. 

 

Animation einrichten.

Sobald du dein Video importiert hast, lege fest, dass es nur einmal abgespielt wird statt in einer Schleife. Erhöhe die Helligkeit, damit du die Linien besser erkennen kannst, die du auf die Frames zeichnen willst. Erstelle dann eine neue Ebene, und setze Keyframes. Das sind Frames, in denen sich die Position deiner Figur (oder deines Symbols) ändert oder in denen ein neues Element ins Bild kommt. Gehe Frame für Frame vor, und zeichne in jedem die Figur nach.

 

Vergiss nicht, deinen Fortschritt häufig zu speichern und Elemente übersichtlich zu organisieren. „Wenn du nicht jede Ebene mit einem eindeutigen Titel versiehst, entsteht schnell ein großes Chaos“, warnt Glovart. Gib jeder Ebene einen aussagekräftigen Namen, um dir später Zeit und Ärger zu sparen. 

 

Tipps zum Zeichnen.

Unterteile deine Figur in Formen wie Arm, Unterschenkel oder Fuß, sodass du nicht in jedem Frame das gesamte Motiv nachzeichnen musst. Kopiere die einzelnen Formen dann einfach, passe ihre Position im Arbeitsbereich an, und korrigiere Details, falls nötig. Wenn du für jeden Frame ein Hosenbein und einen Schuh auf derselben Ebene erstellst, musst du dieses Element nur einmal mit Farbe füllen. Sie wird in der gesamten Animation übernommen. Falls du die Farbe ändern willst, musst du sie nicht in jedem Frame einzeln anpassen.

 

Mit Form-Tweens schneller zum Ergebnis.

Um deine Arbeit so wie Bob Sabiston in seinen Linklater-Filmen zu beschleunigen, probiere eine Technik namens Form-Tweening aus. Dabei zeichnest du eine Vektorform in einem Frame und änderst oder ersetzt diese Form in einem anderen Frame. Animate setzt automatisch Zwischenformen zwischen den Frames ein, um eine Animation von der einen Form zur anderen zu erstellen.

 

Mit diesen Tools kannst du ein ganzes Live-Action-Video in eine Animation verwandeln oder nur bestimmte Elemente im Live-Action-Footage animieren. Beginne mit einfachen Schritten. Mit etwas Zeit, Geduld und Routine im Nachzeichnen wird es dir immer leichter fallen, deine Konturen und Pinselstriche zum Leben zu erwecken.

Mitwirkende.

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