Makrofotografie.

Tauche ein in die Welt der Makrofotografie mit unseren Tipps für ganz große Aufnahmen von ganz kleinen Dingen.

Rote Ameisen auf dunkler Erde

Fotografie ist immer eine Sache der Perspektive. Was ist das Motiv, und wo nimmst du es auf? Wie sind die Lichtverhältnisse, und was bedeutet das für die Aufnahme? Fotografierst du von oben oder unten? Bewegt sich das Motiv oder bewegst du dich selbst, um den richtigen Blickwinkel auf eine Landschaft zu finden? Und dann sind da noch die Fragen zur Ausstattung. Verwendest du ein Objektiv mit Festbrennweite, oder fotografierst du aus der Ferne mit einem Teleobjektiv? Handelt es sich um eine Live-Veranstaltung, und brauchst du mehrere Objektive?

„Mit Makrofotografie taucht man in eine völlig fremde Welt ein.“

Sich diesen Fragen zu stellen und den logistischen Aufwand zu durchdenken, sind Fertigkeiten, die du als aufstrebender Fotograf entwickeln solltest. Das gilt umso mehr, wenn du eine neue Perspektive einnehmen und in der Welt der ganz kleinen Dinge arbeiten möchtest – der Makrofotografie, also der Aufnahme von Insekten und anderen Mini-Motiven, die sich in einer ganz anderen Welt tummeln, als die, in der wir normalerweise unsere Bilder machen. „Mit der Makrofotografie taucht man in eine völlig fremde Welt ein“, sagt der Fotograf und Dozent Ben Long.

 

Bereite dich auf eine Reise ins Unbekannte vor.

Was ist Makrofotografie?

Bei der Makrofotografie geht es um die Darstellung eines kleinen Motivs mit enormer Vergrößerung – also eine extreme Nahaufnahme von etwas Kleinem.

Ein bildfüllendes Insekt im 13x18-Format oder ein 10 Zentimeter großes Produktfoto einer Frühstücksflocke sind Beispiele für Makrofotografie. (Man könnte diese Definition auch für das Fotografieren durch ein Mikroskop heranziehen. Das wird allerdings unter der Bezeichnung Mikrofotografie zusammengefasst, also Fotos von mikroskopisch kleinen Dingen.)

Eingefrorene Himbeeren und Blaubeeren
Schnecke sitzend auf Blume

In der Makrofotografie verlässt du die Welt, wie du sie kennst, und entdeckst eine neue.

 

„Ein guter Ort, um damit anzufangen, ist der eigene Kühlschrank“, rät Long. „Beeren sind faszinierend, wenn man sie aus nächster Nähe betrachtet. Man erkennt eindrucksvolle Strukturen – sogar Haare findet man darauf. Ich habe eine Frühstücksflocke mit einer irrsinnigen Vergrößerung fotografiert und es sah entweder nach einem ziemlich ekligen Stück Fleisch oder wie die Marsoberfläche aus.“

 

Wie bei allen fotografischen Genres solltest du experimentieren, um herauszufinden, wonach du in deinen Fotos suchst. Je tiefer du in diese neue, rätselhafte Welt eintauchst, desto mehr erkennst du, was du zeigen willst.

 

Was macht gute Makrofotografie aus?

„Großartige Makroaufnahmen besitzen letztlich das, was jedes Foto großartig macht“, erklärt Long. „Der Fotograf muss immer dafür sorgen, dass der Bildaufbau stimmt und er alle Ausdrucksmittel nutzt, die ihm zur Verfügung stehen – wie Tiefenschärfe, Einfangen von Bewegung sowie Kontrolle von Licht und Schatten. Schließlich soll der Betrachter sofort wissen, was das Motiv des Bildes ist.“ 

„Das Schwierigste bei der Makrofotografie ist wohl die innere Visualisierung im Vorfeld – also zu erkennen, was ein gutes Makromotiv sein könnte.“

Denn wenn man seine Perspektive so grundlegend verändern muss, ist es eine echte Herausforderung, die richtigen Motive und Blickwinkel zu finden.

 

„Das Schwierigste bei der Makrofotografie ist wohl die innere Visualisierung im Vorfeld – also zu erkennen, was ein gutes Makromotiv sein könnte“, sagt Long. „Wenn man auf die Makroebene geht, sieht einfach alles anders aus, als man es gewohnt ist. Man kann ein tolles Makromotiv direkt vor der Nase haben und es überhaupt nicht bemerken.“

 

Während man ein Auge für Makromotive entwickelt, erhält man auch einen Blick für die besonderen Schwierigkeiten dieses sehr speziellen Genres. „Man muss sehr viele Makrofotos machen, bevor man ein Gefühl dafür bekommt, was ein gutes Motiv und was der beste Aufnahmewinkel dafür ist“, so Long. 

 

Tipps für die Makrofotografie.

Zuallererst brauchst du ein Makroobjektiv, denn vorher ergibt keiner der hier folgenden Ratschläge Sinn. Während die meisten Objektive im Verhältnis 1:2.8 und mehr aufnehmen, lassen sich mit Makroobjektiven Aufnahmen im Verhältnis 1:1 machen. Sie können nur bis etwa 30 Zentimeter vor der Linse oder weniger fokussieren – Grundvoraussetzung für den extremen Fokus, den du benötigst, um winzige Motive in Überlebensgröße darzustellen.

Spielfiguren in Badeszene auf gelbem Buch

Hier noch einige wissenswerte Punkte, bevor es mit dem richtigen Objektiv ans Fotografieren geht.

 

Hinweis: Wenn du experimentieren möchtest, bevor du dich für ein spezielles Makroobjektiv mit entsprechender Brennweite entscheidest, kannst du dir für einen Bruchteil der Kosten zunächst einen Umkehr- oder Makroring zulegen. Damit kannst du ein normales Objektiv umgekehrt auf deiner Kamera montieren und so einen Makroeffekt erzielen.

 

1. Achte auf Details.

Wenn du dich einem Objekt annäherst, treten die kleinen Details und winzigen Unvollkommenheiten hervor, die man aus der Ferne gar nicht wahrnimmt. Bei einer so starken Vergrößerung, wie sie die Makrofotografie erzeugt, kann ein einzelnes Haar wie ein Baumstamm wirken. 

 

Long erklärt: „Man muss putzen wie verrückt. Und wenn etwas sehr empfindlich ist, kann man nicht einfach mit Druckluft arbeiten. Man muss dann zur Pinzette und kleinen Bürstchen greifen, um den Schmutz so gut es geht zu entfernen.“

 

2. Plane dein Motiv.

„Makrofotografie hängt vom Fotografen ab und was er den Menschen in Großaufnahme zeigen will“, sagt der Fotograf Stephen Klise.

 

Die Arbeit mit kleineren Motiven bedeutet, dass man mit geringer Tiefenschärfe arbeitet. Deshalb muss man Makroaufnahmen sehr gut planen und genau wissen, welche Fotos man haben will. „Wenn man auf Makroebene arbeitet, muss man mit sehr schmalen Schärfenebenen klarkommen. Schon kleine Änderungen bringen alles durcheinander“, sagt Klise. „Man braucht sehr viel Zeit und muss sehr sorgfältig planen.“

Rotes Insekt sitzend auf Blüte
Luftblasen in verschiedenen Größen in Wasser
Kolibri fliegt zu rosa Blumen

Bei der Makrofotografie ist die Fehlertoleranz sehr gering, so dass die Vorbereitung besser sein muss – vorheriges Visualisieren ist der Schlüssel. Focus Stacking hilft oft, wenn du mit sehr geringer Schärfentiefe arbeitest, was auch für die Makrofotografie gilt. Mit dieser Methode kannst du in Adobe Photoshop oder Lightroom mehrere fokussierte Bereiche übereinanderlegen und so eine Serie von Makroaufnahmen zu einem einzigen Foto zusammensetzen. Aber die Bilder zu bekommen, die du für das Focus Stacking brauchst, erfordert eben gute Vorbereitung und Visualisierung.

„Wenn man auf Makro-Ebene arbeitet, muss man mit sehr schmalen Fokusebenen klarkommen. Schon kleine Abweichungen bringen alles durcheinander.“

„Wenn ich ein Makrofoto mache, denke ich immer daran: ‚Wo ist mein Motiv?’ Und auch: ‚Wie präsentiere ich das Bild?‘“, so die Bestsellerautorin und Fotografin Carli Davidson.

 

3. Beleuchte dein Motiv

Auf gleiche Weise wie die Makrofotografie mehr Details einfängt, verändert sich auch der Einfluss von Licht und Schatten – und du kannst diese natürlich oft bei deinen Makroaufnahmen bewusst anpassen und große Vorteile daraus ziehen.

 

„Ich habe früher immer eine kleine Batterielampe mitgenommen – eigentlich eine kleine Taschenlampe“, erklärt die Hochzeitsfotografin Khara Plicanic, die die Makrofotografie einsetzt, um kunstvolle Fotos der Eheringe frischvermählter Paare zu machen. „Manchmal nutze ich Makrotechniken für diese Ringaufnahmen, um etwas Dramatik und Räumlichkeit mit rein zu bringen.“

Diamantring in goldener Fassung auf Blüten

4. Durchdenke die Szene.

Neben der Beleuchtung und neben den Staubkörnern, die ein Makrofoto ruinieren können, solltest du dich auch mit der Wahl des Hintergrunds befassen. Bei all der Konzentration auf das winzige Motiv wird der Hintergrund gerne vergessen.

 

„Ich habe mal eine Szene mit Spielzeug-Dinosauriern zusammengestellt“, erzählt der Fotograf Jeff Carlson über eines seiner Shootings. „Ich wollte die Fotos gerade der Redaktion schicken, als meine Frau sie sah und meinte: ‚Die kannst du nicht schicken! Da ist doch schmutziges Geschirr im Hintergrund.‘“

 

Er fährt fort: „Das ist eines der schwierigen Dinge, die man so leicht übersieht und erst lernen muss. Als langjähriger Fotograf würde ich gern sagen, dass mir so etwas nie passiert, aber nein, natürlich passiert auch mir das.“

Kamera fotografiert Stadt bei Sonnenaufgang
Rotaugenlaubfrosch sitzend auf Schilf

5. Bitte nicht wackeln.

Bewegungen können immer zu Unschärfen führen, und wie bei vielen allen anderen Aspekten der Makrofotografie vervielfacht sich dieses Risiko aufgrund der geringen Größe der Motive und Szenen. Eine gute Aufstellung ist wichtig, damit die Kamera nicht wackelt.

 

„Wenn man mit Vergrößerung arbeitet, ist eine ruhige Kamera besonders wichtig“, sagt Long. „Besonders wenn man lange Verschlusszeiten verwendet, denn Makrofotos sind so dunkel, dass man mit ein bis zwei Sekunden Belichtungszeit arbeiten muss. Manchmal muss man sogar den Raum verlassen und mit dem Fernauslöser arbeiten. Ich wohne im obersten Stockwerk eines alten Hauses, und wenn ich herumlaufe, zittert die Kamera zu stark.“

 

Alles läuft also auf Achtsamkeit hinaus. Die Makrofotografie findet auf einer anderen Ebene statt, aber es gelten dieselben Regeln: Das Motiv muss scharf, der Kontrast gut und der Fokuspunkt für den Betrachter klar sein. Die Makroperspektive ist so anders, dass du zwar nicht unbedingt mehr beachten musst, vielleicht aber einen sehr viel genaueren Blick für die Fallstricke entwickeln solltest.

 

Wie immer gilt: Übung macht den Meister. Du fängst also am besten im doppelten Sinne des Wortes klein an.

 

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